Alina Fricke und Yvonne Müller übernehmen das Geschäft, in dem sie bisher angestellt waren. Wirtschaftsförderung half entscheidend.

    Ungewöhnliche Töne gab es am Montag Nachmittag in Wolfenbüttels Fußgängerzone zu hören: Dagmar Pesta hatte ihren Dudelsack ausgepackt und spielte bekannte Lieder auf schottische Art. Nicht nur zum eigenen Vergnügen. „Ich wollte draußen auf die Geschäftseröffnung aufmerksam machen und drinnen die Veranstaltung etwas untermalen“, sagte die Sickterin.

    Mehrere Dutzend Menschen hatten sich in der Langen Herzogstraße 27 eingefunden, um eine Übergabe zu feiern: Alina Fricke (27) und Yvonne Müller (48) stiegen zum 1. Dezember als neue Inhaberinnen bei ,Hair Esthetic‘ ein. Die junge Meisterin und ihre erfahrene Mitarbeiterin – zum Team gehört noch Ahmad Mehho – sind allerdings keine Neulinge an dieser Stelle: „Wir waren schon vor drei Jahren bei der Eröffnung dabei und folgen jetzt der damaligen Gründerin nach, Olga Rerich-Meyer“, erzählt das Duo.

    Entsprechend viele Stammgäste waren da, als die Übergabe jetzt bei einem Glas Sekt vollzogen wurde. „Ich freue mich für die beiden und wünsche ihnen viel Glück“, betonte die ehemalige Gründerin. Sie habe sich gegen die ständige Pendelei entschieden und wolle sich künftig auf ihr Hauptgeschäft in Salzgitter konzentrieren. „Alina und Yvonne sind die Richtigen – ich übergebe das Geschäft in gute Hände und bin sicher, dass es weiter funktionieren wird.“

    Da sind sich auch die beiden Jungunternehmerinnen sicher. „Wir setzen uns von vielen anderen Anbietern in der Stadt durch Können und Service ab“, erklärten sie selbstbewusst. Durch zahlreiche Weiterbildungen sei das Team immer auf dem neuesten Stand der Friseurkunst. „Außerdem haben wir viele Stammkunden, und: Wolfenbüttel ist unsere Heimat.“ Man kenne sich in der Stadt und empfehle sich weiter, zum Beispiel unter den Führungskräften der umliegenden Firmen. „Auch der Bürgermeister gehört zu unseren Kunden“, unterstreicht Alina Fricke.

    Doch Empfehlungen allein reichen oft nicht aus für den Sprung ins kalte Wasser der Selbständigkeit. Banken zum Beispiel lassen sich nur durch belastbare Zahlen von ihrer Mitwirkung überzeugen. „Es ist aber alles gut gegangen“, erklärte Thomas Löhr. Er ist seit Kurzem in der Wirtschaftsförderung des Landkreises zuständig für die Nachfolgesuche. Das Thema sei ungemein wichtig für eine florierende lokale Wirtschaft, „vielleicht sogar wichtiger als Neugründungen“. Er freue sich jedenfalls über den Mut, den das dynamische Duo mitbringe. „Wir haben für die Qualität der Verträge gesorgt und den Businessplan überprüft und gesteuert.“

    Zwar sei eine Barförderung durch sein Büro nicht möglich. „Aber wir konnten die betriebswirtschaftlichen Zahlen beurteilen und entscheidende Hinweise auf Fördermittel geben, so dass die Banken diesen Inhaberwechsel gerne begleitet haben.“ Seine Betreuung von Hair Esthetic habe sogar viel Spaß gemacht. „Hier ist alles richtig schick geworden.“

    Das zeigten die Inhaberinnen voller Stolz. „Wir haben sieben Bedienplätze und zwei Waschbecken – das passt schön zu unserem Ansatz, neben den eigentlichen Frisuren auch eine Wohlfühl-Atmosphäre zu schaffen.“ Zudem sei ihnen bei Gründung ihrer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) wichtig gewesen, dass sie nicht die Katze im Sack kauften. „Vielmehr haben wir das Geschäft in den vergangenen drei Jahren von Null aufgebaut und wissen daher: Es trägt sich und es hat noch weiteres Potenzial.“

    Diese enge Bindung zwischen Dienstleistung und Kunden werde oft unterschätzt, berichtet Thomas Löhr. „In der Regel haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine viel intensivere Beziehung zu den Kunden als die Chefs – aus diesem Grund sollte man bei der Nachfolge-Suche stets auch an die Belegschaft denken.“ Viele Jahre hat der Mascheröder in der Wirtschaftsförderung Hannover zum Thema Nachfolge gearbeitet, nun wechselte er zurück in den Landkreis Wolfenbüttel. „Statistisch haben wir hier Bedarf an 60 Firmenübergaben pro Jahr“, betont er. „Neben Hair Esthetic begleite ich im Moment einen Bäcker und einen Schornsteinfeger bei der Nachfolgesuche.“

    Und während Dagmar Pesta vor der Tür ihre Dudelsack-Runde drehte, nahmen drinnen die neuen Selbständigen schon die ersten Reservierungen für das Weihnachtsgeschäft entgegen.

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    Foto oben: Zufriedene Gesichter durch einen geordneten Übergang, darüber freuten sich (vorn von links): Thomas Löhr, Olga Rerich-Meyer, Yvonne Müller und Alina Fricke.  Bildrechte: Regio-Press

    Foto unten: Dagmar Pesta begleitete die Neueröffnung durch ihr ungewöhnliches Dudelsack-Spiel, das viel Widerhall auch in der Fußgängerzone fand.  Bildrechte: Regio-Press